Der Bundestag ist zu groß – das sagt die Mehrheit der Bevölkerung. Doch über eine Lösung für eine effektive Verkleinerung wird seit Jahren gestritten. Mehrere Reformversuche blieben ohne Erfolg. Nun haben SPD, Grüne und FDP einen Gesetzentwurf zu einer Wahlrechtsreform vorgelegt. Die Zahl der Abgeordneten soll demnach auf 598 begrenzt werden. Und die Anzahl der Wahlkreise soll bei den aktuell 299 bestehen bleiben.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Starnberg-Landsberg-Germering Carmen Wegge kommentiert: „Ich halte eine Verkleinerung des Bundestags für richtig. Die Möglichkeit eines unkontrollierten Anwachsens kann zahlreiche Probleme für Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments bedeuten. Der Vorschlag der jetzt auf dem Tisch liegt gewährleistet, dass alle Wahlkreise erhalten bleiben und sich die Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen können, dass der Bundestag eine gleichbleibende Größe hat. Dass eine Verkleinerung immer auch damit einhergeht auf Mandate von seiner eigenen Partei zu verzichten ist klar.“
Das derzeitige Wahlrecht führt durch Überhang- und Ausgleichsmandate zu einem unkontrollierbaren Anwachsen des Bundestages. Seit der letzten Wahl sitzen 736 Abgeordnete im Parlament, davon 138 Überhang- und Ausgleichsmandate. Modellrechnungen kennen Szenarien mit über 900 Abgeordneten. Das Entstehen von Überhang- und Ausgleichsmandanten soll deshalb laut Ampel-Vorschlag zukünftig ausgeschlossen werden.
Wegge: „Ich finde es sehr schade, dass die CSU die Verkleinerung des Bundestages nicht mittragen will. Praktikable Alternativen, auch von Seiten der Union, liegen derzeit nicht vor. An dieser Debatte zeigt sich, dass die CSU mal wieder nur an ihren eigenen Vorteil denkt und eben nicht daran, was die Bevölkerung möchte: die Verkleinerung des Deutschen Bundestages.“
Zur Sicherstellung der verfassungsmäßigen Aufgabenerfüllung des Bundestages ist eine Wahlrechtsreform unumgänglich, so die Einschätzung der der Ampel-Fraktionen. Doch durch die Begrenzung der Parlamentsgröße könnte es dazu kommen, dass in einzelnen Wahlkreisen die Mandate nicht zugeteilt werden. Dies wird von manchen kritisiert, sei laut Wegge jedoch verfassungskonform.
Wegge: „Auch der bayerische Verfassungsgerichtshof sieht eine solche Streichung von Direktmandaten als mit der Wahlrechtsgleichheit vereinbar an. So wurde das bereits 1954 geurteilt. Es ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig, Wahlkreisbewerber*innen, die mit relativer Mehrheit gewählt worden sind, das Mandat nicht zuzuteilen. Denn schließlich muss die entsprechende Partei auch das nötige verhältnismäßige Ergebnis erzielen, um genug Mandate zu erringen. Das Verfassungsrecht lässt es auch zu, dass per Gesetz eine fixe Maximalgröße des Bundestages festlegt wird.“
Es soll zukünftig auch weiterhin nur zwei Stimmen geben. Die bisherige Zweitstimme wird „Hauptstimme“ und die Erststimme „Wahlkreisstimme“ heißen. Die Hauptstimme allein wird für die Verteilung der 598 Sitze des Bundestages maßgeblich sein. Deshalb soll sie auf dem Stimmzettel an erster Stelle stehen. Mit der Hauptstimme werden die Landeslisten der Parteien gewählt und mit der Wahlkreisstimme über Kreiswahlvorschläge in 299 Wahlkreisen abgestimmt. Die auf die Landeslisten der Parteien entfallenden Hauptstimmen entscheiden über die Verteilung der Sitze, die in jedem Land zunächst nach dem Verfahren der Hauptstimmendeckung an die Wahlkreiskandidierenden der Parteien vergeben werden und dann an die Kandidierenden der Landesliste.