„Bei Gewalt schaut der Landkreis Landsberg weg“

Die Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt im Landkreis Landsberg wurde am 30. Juni 2023 geschlossen. Die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Träger SOS-Kinderdörfer e.V. und dem Landkreis Landsberg wurde durch den Träger gekündigt. Grund dafür ist die steigende Anzahl an Fällen und die fehlende Bereitschaft, die Stelle personell aufzustocken.

Die Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt im Landkreis Landsberg wurde am 30. Juni 2023 geschlossen. Die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Träger SOS-Kinderdörfer e.V. und dem Landkreis Landsberg wurde durch den Träger gekündigt. Grund dafür ist die steigende Anzahl an Fällen und die fehlende Bereitschaft, die Stelle personell aufzustocken.

Carmen Wegge:

„Es ist unbegreiflich, dass eine Fachstelle für sexualisierte Gewalt schließen muss, weil die Nachfrage nach Beratung so groß ist. Gewaltprävention in Landsberg bedeutet anscheinend wegzuschauen. Das Landratsamt erkennt keine Bedarfe, wenn es um den Schutz vor Gewalt für Frauen oder Kinder geht. Weder Frauenhaus, noch Gleichstellungsstelle oder Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt, das alles brauche man nicht. Die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache. Ich frage mich, wann Landrat Eichinger endlich in der Realität ankommt.“

Im letzten Antrag im Jugendhilfeausschuss des Landkreises wurde darauf aufmerksam gemacht, dass mit einer personellen Besetzung von 0,5 Fachkräften fachlich vertretbare Rahmenbedingungen für das Weiterführen der Fachstelle nicht mehr gewährleistet sind. Laut der Fachstelle haben sich seit 2020 die Fallzahlen deutlich erhöht. Im Vergleich zu den Vorjahren sind sie um 86% gestiegen, wobei sich die Neuanmeldungen fast verdoppelt haben. Dies wirkt sich auf die Qualität der Beratung aus, was aus Sicht des Trägers SOS-Kinderdorf e.V. fachlich nicht länger zu vertreten ist. Neben dem erhöhten Beratungsbedarf konnte die Fachstelle auch ihrem Präventionsauftrag nicht gerecht werden. Präventionsveranstaltungen konnten aufgrund von Zeitmangel nicht mehr durchgeführt werden.

Hannelore Baur, Kreisrätin:

„Die Fachstelle stand vor allem jungen Mädchen zur Seite, die im privaten Umfeld sexuelle Gewalt und Grenzverletzungen erlebt haben. Was die Schließung der Fachstelle für sie bedeutet, macht mich sprachlos und wütend. Junge Frauen dürfen nicht allein gelassen werden! Doch Kinder- und Frauenrechte scheinen in Landsberg Nebensache zu sein. Das zeigt sich auch daran, dass noch keine Bewertung und Ausschreibung der im Kreisrat beschlossenen Gleichstellungsstelle für den Landkreis vorliegt.“

Die Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt war die einzige Fachberatungsstelle des Landkreises Landsberg. Sie bestand seit Oktober 2016 und basierte auf einem Kooperationsvertrag zwischen dem Landratsamt Landsberg und dem SOS-Kinderdorf e.V. Die Fachstelle kümmerte sich um Betroffene von sexualisierter Gewalt und sexuellem Missbrauch im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter und deren nicht-missbrauchenden Bezugspersonen sowie pädagogische Fachkräfte. Darüber hinaus leistete sie auch Präventionsarbeit.